Condition Monitoring mit intelligenten Umrichtern

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Vogelperspektive über Nordhavn in Kopenhagen mit Condition Monitoring-Signal auf mehreren Gebäuden

Umrichter sind mehr als einfache Drehzahlregler

Umrichter können als Sensoren und Sensor-Hubs Verbindungen herstellen, Daten verarbeiten, speichern und analysieren. Damit sind sie wichtige Bestandteile moderner Automatisierungs- und Gebäudemanagementsysteme (BMS). Dank der integrierten Condition Monitoring-Funktionen können Wartungsarbeiten wie die Condition Based Maintenance auf völlig neue Arten durchgeführt werden.

Die Entwicklung industrieller Automatisierungssysteme

Mit dem Übergang in das neue Jahrtausend haben wir einen tiefgreifenden technologischen Wandel erlebt, der letztlich zu einer völlig neuen Arbeitsweise in einer digitalen Welt führt. Dies ist die vierte industrielle Revolution. Die erste industrielle Revolution ereignete sich im 18. und 19. Jahrhundert. Es handelte sich um eine mechanische Revolution, die mit der Erfindung der Dampfmaschine ihren Anfang nahm. Gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts folgte die zweite industrielle Revolution mit Einführung der Massenproduktion, Elektrifizierung und den Veränderungen in der Kommunikation. Diese Periode wird auch als „Elektrische Revolution“ bezeichnet. Die dritte industrielle Revolution im ausgehenden 20. Jahrhundert brachte Fortschritte in den Bereichen Halbleiter, Computer, Automatisierung und Internet. Diese Phase wird auch als „Digitale Revolution“ bezeichnet.

Die vierte industrielle Revolution ist das Ergebnis einer Vernetzung von Computern, Menschen und Geräten, die durch Daten und maschinelles Lernen vorangetrieben wird. Obwohl der Begriff „Industrie 4.0“ recht vage ist, könnte eine mögliche Definition die intelligente Vernetzung von Menschen, Geräten und Systemen durch Nutzung aller Möglichkeiten der Digitalisierung in der gesamten Wertschöpfungskette lauten.

Trends bei Automatisierungssystemen der Industrie 4.0

Industrie 4.0 wirkt sich auf Motorsysteme und Gebäudemanagementsysteme in Form einer Migration von der „Automatisierungspyramide“ hin zu „vernetzten Systemen“ aus. Das bedeutet, dass verschiedene Systemelemente wie Motoren, Antriebe, Sensoren und Steuerungen sowohl untereinander als auch mit einer Cloud vernetzt sind, einem Rechenzentrum, in dem Daten gespeichert, verarbeitet und analysiert sowie in dem Entscheidungen getroffen werden.

In einem Automatisierungsnetzwerk entstehen enorme Datenmengen. Da Daten vornehmlich von Sensoren erfasst werden, nimmt deren Zahl in modernen Automatisierungssystemen zu. Motoren und angetriebene Maschinen wie Lüfter, Pumpen und Förderbänder zählen nicht zu den naheliegendsten Bestandteilen eines Datennetzwerks. Deshalb werden Sensoren benötigt, um Daten von diesen Maschinen zu sammeln. Die Sensoren werden unter Verwendung von Schnittstellen an das Datennetzwerk angeschlossen, um deren Daten zu verarbeiten. Bei der Einführung eines modernen Condition Monitoring-Systems werden die zusätzlichen Kosten für Sensoren und deren Anschlussfähigkeit oft als Hindernis angesehen.

Moderne Frequenzumrichter eröffnen neue Möglichkeiten im Automatisierungsnetzwerk der Industrie 4.0 sowie in Gebäudemanagementsystemen. Üblicherweise galten Umrichter als Drehzahlregler zur Geschwindigkeitssteuerung bei Motoren, Lüftern, Transportbändern und/oder Pumpen. Heute sind Umrichter mit integrierter Rechnungsleistung,Speicherkapazität sowie Kommunikationsschnittstelle ein Teil der Informationskette.

Intelligenter VLT AQUA Drive FC 202 von Danfoss

Was ist ein intelligenter Umrichter?

Im Netzwerk von Industrie 4.0 spielt der Umrichter eine wichtige Rolle und zeichnet sich durch einige Zusatzfunktionen aus:

  • Sichere Verbindung: Der Umrichter lässt sich sicher mit anderen Elementen verbinden. Andere Elemente im Netzwerk können Antriebe, Steuerungen, Sensoren oder eine Cloud sein.
  • Der Umrichter funktioniert als Sensor: Der Frequenzumrichter analysiert die Motornennstrom- und -spannungscharakteristika, um die Motor- und Anwendungsleistung zu erfassen.
  • Der Umrichter funktioniert als Sensor-Hub: Er erfasst Daten von externen Sensoren, die sich auf den vom Frequenzumrichter gesteuerten Prozess beziehen.
  • Der Umrichter funktioniert als Regler: Der elektronische Drehzahlregler kann die SPS ersetzen, wenn die Anwendungsbeschränkungen dies zulassen.
  • „Bring your own device“-Konzept: Kabellose Verbindung zu intelligenten Geräten (Smartphone, Tablet).

Die Informationen aus dem Umrichter können wie folgt definiert werden:

  • Sofortige Signale: Signale, die direkt vom Umrichter über eingebaute Sensoren gemessen werden. Daten wie Motornennstrom, -spannung, Antriebstemperatur und deren Ableitungen, beispielsweise Leistung als Multiplikation von Strom mit Spannung oder Motordrehmoment. Darüber hinaus kann man den Umrichter als Hub für den Anschluss externer Sensoren verwenden, die verzögerungsfreie Signale liefern.
  • Verarbeitete Signale: Daten, die aus den verzögerungsfreien Signalen abgeleitet werden. Zum Beispiel die statistische Verteilung (Maximal-, Minimal-, Mittel- und Standardabweichungswerte), Frequenzbereichsanalysen oder Einsatzprofilindikatoren.
  • Analysesignale: Signale, die Hinweise auf den Zustand von Umrichter, Motor und Anwendung geben. Die Signale werden verwendet, um Wartungsarbeiten zu veranlassen oder das Systemdesign zu optimieren.

Durch Analyse der Motornennstromsignatur kann der Umrichter den Zustand des Motors und der Anwendung überwachen. Externe Sensoren werden damit oft überflüssig. Fehlersignaturen können frühzeitig festgestellt und behoben werden. So können mit der Technologie Kavitationen und Wicklungsfehler bereits im Voraus sowie Exzentrizität mechanischer Lasten gefunden werden.

Das Konzept des Umrichters als Sensor-Hub beinhaltet auch, dass er mit externen Sensoren verbunden wird und somit das Gateway zum Anschluss eines physischen Sensors an das Datennetzwerk überflüssig wird. Beispielsweise können Schwingungs-, Druck- und Temperatursensoren direkt an den Umrichter angeschlossen werden. Der Vorteil dieses Konzepts liegt nicht nur in den geringeren Kosten. Es ermöglicht auch eine Zuordnung von Sensorinformationen zu den im Umrichter vorhandenen Daten. Ein anschauliches Beispiel ist die Zuordnung des Schwingungspegels, gemessen von einem externen Sensor, zur Motordrehzahl, da die Schwingungen drehzahlabhängig sind.

Condition Based Maintenance und andere Wartungsstrategien

Es gibt folgende Wartungsstrategien:

  • Korrektive Wartung: Das Produkt wird nach einem Fehler ausgetauscht.
  • Präventive Instandhaltung: Das Produkt wird vorsorglich auf Basis eines Wartungsplans ausgetauscht, obwohl es keine Hinweise auf einen bevorstehenden Fehler gibt.
  • Contition Based Maintenance: Das Produkt gibt eine Warnmeldung aus, wenn die aktuelle Lebensdauer von der erwarteten Lebensdauer abweicht. Mögliche Ursachen werden dabei angegeben.
  • Predictive Maintenance: Das Produkt warnt, bevor die geplanten Betriebsstunden erreicht sind, um eine Wartungsaktion zu initiieren.

Warum ist zustandsorientierte Wartung erforderlich?

Korrektive und präventive Instandhaltung hängen von Fehlern (Ereignissen) oder Zeit ab. Dabei erfolgen die Wartungsmaßnahmen im Falle von Fehlern (korrektiv) oder nach Ablauf vordefinierter Betriebsstunden (präventiv). Für diese Arten der Wartung wird kein Feedback aus der eigentlichen Anwendung herangezogen.

Dank der Einführung von Industrie 4.0 und der Verfügbarkeit von Sensordaten, ist nun bedingungsbasierte und vorausschauende Wartung möglich. Bei diesen Wartungsstrategien wird der Anlagenzustand anhand aktueller Sensordaten bestimmt (Condition Based Maintenance) oder zukünftige Ausfälle prognostiziert (Predictive Maintenance).

Überblick über Condition Based Maintenance und deren Vorteile

Condition Based Maintenance ist die einfachste und intuitivste Wartungstechnik. Sie basiert auf Daten aus der Anwendung selbst. Die erfassten Daten dienen zur Zustandsüberwachung der Anlagen. Zu diesem Zweck werden Schlüsselparameter als Indikatoren definiert. So ist es möglich, entstehende Fehler frühzeitig zu identifizieren. Der Zustand einer Baugruppe verschlechtert sich in der Regel mit der Zeit. Dies wird durch die P-F-Kurve veranschaulicht, die ein typisches Verfallsmuster zeigt. Erfüllt eine Anlage die vorgesehene Funktion nicht mehr, kommt es zu Ausfällen. Die Idee der Condition Based Maintenance besteht darin, den potenziellen Ausfall zu erkennen, bevor eine tatsächliche Fehlfunktion auftritt.

Vorteile der Planung von Wartungsaktionen

  • Reduzierung der Ausfallzeiten
  • Beseitigung unerwarteter Produktionsunterbrechungen
  • Wartungsoptimierung
  • Verkleinerung des Ersatzteillagers

Condition Monitoring-Funktionen für Antriebe mit variabler Drehzahl

Ein wesentlicher Teil der zustandsorientierten Wartung ist die Überwachung des Anlagenzustands. Bei Anwendungen mit variabler Drehzahl hängt der Zustand der Anwendung oft von der Geschwindigkeit ab. Zum Beispiel nimmt der Schwingungspegel bei höheren Geschwindigkeiten zu, wobei der Zusammenhang zwischen den beiden Werten nicht linear ist. Tatsächlich können bei bestimmten Geschwindigkeiten Resonanzen auftreten und wieder verschwinden, wenn die Geschwindigkeit erhöht wird.

Die Verwendung eines unabhängigen Systems zur Zustandsüberwachung einer Anwendung mit variabler Drehzahl ist schwierig, da die Drehzahl und der damit korrelierende Überwachungswert bekannt sein müssen. Die Verwendung von Umrichtern zum Condition Monitoring („Umrichter als Sensor“ oder „Umrichter als Sensor-Hub“) ist vorteilhaft,da die Information über die Anwendungsdrehzahl bereits im Umrichter vorhanden ist. Zusätzlich sind Informationen über das Last-/Motordrehmoment und die Beschleunigung im Umrichter selbst verfügbar.

Das Condition Monitoring folgt einem dreistufigen Verfahren:

Für effizientes Condition Monitoring müssen zunächst die normalen Betriebsbedingungen ermittelt und festgelegt werden. Das Festlegen eines Ausgangswerts bedeutet, dass ein normaler Betriebszustand für die Anwendung definiert wird. Dieser wird als Baseline bezeichnet. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Baseline-Werte zu bestimmen.

Manuelle Baseline: Wenn die Baseline-Werte anhand von Erfahrungswerten bekannt sind, werden die Werte einfach in den Umrichter programmiert.

Baseline Run: Die Baseline kann während der Inbetriebnahme bestimmt werden. Bei dieser Methode wird ein Speed-Sweep durchgeführt. D. h. es werden die relevanten Geschwindigkeitsbereiche durchlaufen und der Zustand bei jedem Geschwindigkeitspunkt wird bestimmt. In einigen Szenarien kann es während der Inbetriebnahmepassieren, dass die Anwendung nicht mit voller Kapazität ausgeführt wird oder eine Einlaufphase erforderlich ist. In diesen Situationen muss der Baseline Run nach der Einlaufphase durchgeführt werden, um einen Betriebszustand zu erfassen, der dem Normalbetrieb möglichst nahekommt.

Online Baseline: Hierbei handelt es sich um eine erweiterte Methode, bei der die Baseline-Werte während des Normalbetriebs erfasst werden. Sie bietet sich in Situationen an, in denen eine Bestimmung des Baseline Runs beim ersten Hochfahren nicht durchgeführt werden kann, da die Anwendung es nicht erlaubt, den gesamten Drehzahlbereich abzufahren.

Nach Festlegung der Baseline werden im nächsten Schritt Schwellenwerte für Warnungen und Alarme generiert. Die Schwellenwerte geben den Zustand der Anwendung an, bei dem der Benutzer benachrichtigt werden muss. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Zustand der Anlage anzuzeigen. Eines der gängigsten Mittel ist eine Ampel mit vier Farben. Sie wird in dem VDMA-Einheitsblatt 24582 Feldbusneutrale Referenzarchitektur für Condition Monitoring in der Fabrikautomation beschrieben.

Die Farben haben folgende Bedeutung:

  • Grün: Zeigt an, dass die Anlage in gutem Zustand ist und effizient arbeitet.
  • Gelb: Zeigt Warnstufe Ebene 1 an und bedeutet, dass der erste Schwellenwert überschritten wurde. Eine Wartungsmaßnahme kann vom Wartungspersonal geplant werden.
  • Orange: Zeigt Warnstufe Ebene 2 an und bedeutet, dass der zweite Schwellenwert überschritten wurde. Sofortige Wartungsmaßnahmen müssen vom Wartungspersonal durchgeführt werden.
  • Rot: Zeigt einen Alarm an und signalisiert, dass die Maschine stoppt und eine korrektive Wartung erforderlich ist.

Zur Festlegung von Schwellenwerten werden folgende Methoden verwendet:

  • Absolut: Das ist die allgemein übliche Methode, wenn die Anlagenwerte bereits bekannt sind. Der Schwellenwert ist unabhängig vom gemessenen Baseline-Wert fix. Wenn der Bediener beispielsweise den absoluten Grenzwert für die Anlage kennt, wird ein absoluter Wert für die Alarmschwelle festgelegt. Bei der Schwingungsüberwachung können die in Normen wie z. B. ISO 10816/20816 beschriebenen Grenzwerte für die Alarmschwelle als absoluter Wert verwendet werden.
  • Offset: Die Methode zur Festlegung von Schwellenwerten erfordert das Verstehen der Anwendung und der Baseline-Werte. Der Schwellenwert hängt vom Baseline-Wert ab, der mit einem benutzerdefinierten Offset kombiniert wird. Das Risiko besteht bei dieser Methode darin, einen sehr niedrigen oder sehr hohen Wert festzulegen, der zu falschen Warnmeldungen führt. Falsche Einstellungen können, selbst wenn Fehler auftreten, zu einer nicht reagierenden Überwachung führen.
  • Faktor: Diese Methode ist einfacher einzusetzen als die Offset-Methode, da sie weniger Anwendungsverständnis erfordert. Der Schwellenwert hängt vom Baseline-Wert ab, der mit einem bestimmten Faktor multipliziert wird. Der Schwellenwert kann z. B. 150 % des Baseline-Werts betragen. Das Risiko dieser Methode besteht darin, einen sehr hohen Schwellenwert zu setzen.

Die Istwerte können über die Bedieneinheit-, Feldbus- oder IoT-Kommunikation aus dem Umrichter ausgelesen werden. Darüber hinaus können die Digitalausgänge so konfiguriert werden, dass sie auf bestimmte Warnungen und Alarme reagieren. Einige Umrichter haben einen eingebauten Webserver, der auch zum Auslesen des Zustands verwendet werden kann.

Die Überwachung erfolgt durch ständigen Abgleich der Messdaten mit den Schwellenwerten. Während des Normalbetriebs werden die tatsächlichen Werte mit dem Schwellenwert verglichen. Wenn die überwachten Parameter für eine festgelegte Zeitspanne einen Schwellenwert überschreiten, wird eine Warnung oder ein Alarm ausgeben. Der Timer fungiert als Filter. Kurze Schwellenwertüberschreitungen lösen keine Warnungen und Alarme aus.

Im CBM White Paper und im Video mehr erfahren

Umrichter sind heute mehr als nur einfache Drehzahlregler. Sie können als Sensoren und Sensoren-Hubs Verbindungen herstellen, Daten verarbeiten, speichern und analysieren und sind damit wichtige Elemente in Automatisierungssystemen.

Umrichter sind in vielen Automatisierungsanlagen bereits vorhanden und bieten eine gute Möglichkeit für ein Upgrade auf Industrie 4.0.

Dies ermöglicht neue Wege der Wartung, wie z. B. die zustandsorientierte Wartung. Die Funktionen sind in einige Umrichter bereits integriert und frühzeitige Anwender verwenden Umrichter bereits als Sensoren.

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