Wieso sollte man Ammoniak in der Industriekältetechnik verwenden?

Ammoniak bietet in der Industriekälte eine Fülle von Vorteilen.

1876 wurde Ammoniak das erste Mal in einer Kompressions-Kältemaschine von Carl von Linde für die Kältetechnik eingesetzt. Andere Kältemittel wie CO₂ und SO₂ kamen bis in die 1920er Jahre ebenfalls häufig zum Einsatz.

Mit der Entwicklung von FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffen) in den 1920er Jahren in den USA begann der Siegeszug dieser Art von Kältemitteln. Anders als die anderen Kältemittel, die zu jener Zeit ebenfalls verwendet wurden, galten die FCKW als harmlose und äußerst stabile Chemikalien. Die Konsequenzen für die Umwelt, die der großflächige Ausstoß der Kältemittel mit sich brachte, konnte man zu dieser Zeit noch nicht erahnen. FCKW-Kältemittel wurden als sichere Kältemittel gefördert, was zu einer rasant ansteigenden Nachfrage und dem Erfolg der FCKW führte. Diese Kältemittel wurden als von Gott gesandte und vom Menschen gemachte Chemikalien gefeiert.

Der Erfolg der FCKW setzte Ammoniak stark unter Druck, es konnte aber seine Stellung verteidigen, insbesondere in großen Industrieanlagen und bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln.

In den 1980er Jahren begannen sich die schädlichen Auswirkungen der FCKW-Kältemittel zu zeigen. Es wurde weithin anerkannt, dass die FCKW-Kältemittel zum Abbau der Ozonschicht und zur globalen Erwärmung beitragen. Das führte letztendlich zum Montreal-Protokoll (1989), in dem sich fast alle Länder der Welt bereit erklärten, die FCKW innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums zu ersetzen.

Angesichts der ernsthaften Schäden an der Atmosphäre und den durch die FCKW-/HFCKW-Emissionen und die globale Erwärmung entstandenen Gefahren, wurde in den Änderungsprotokollen London (1990), Kopenhagen (1992) und Kyoto (1998) ein schnellerer Ausstiegsplan festgelegt. Auch die HFCKW sollen ersetzt werden und hier nimmt Europa die Vorreiterrolle ein.

Viele Länder in Europa haben die Verwendung von HFCKW-Kältemitteln bereits gestoppt. Als Ersatz werden sowohl neue als auch bewährte, zuverlässige Kältemittel wie Ammoniak und Kohlendioxid für verschiedene neue Anwendungen in Betracht gezogen.

Ammoniak bietet eine Reihe von Vorteilen, die durch den jahrzehntelangen Einsatz von Ammoniak-Kälteanlage bestätigt wurden.

1. Energieeffizienz

Ammoniak zählt zu den effizientesten Lösungen, da es für einen großen Anwendungsbereich, von sehr hohen bis hin zu Tieftemperaturen, geeignet ist. Da der Energieverbrauch eine immer wichtigere Rolle spielt, stellen Ammoniakanlagen eine sichere und nachhaltige Wahl für die Zukunft dar. In der Regel ist eine geflutete Ammoniakanlage um 15–20 % effizienter als eine entsprechende DX-Anlage, die mit R404A arbeitet. Neueste Entwicklungen, die NH3 und CO₂ kombinieren, konnten zu einer weiteren Effizienzsteigerung beigetragen. NH3-CO₂-Kaskadenanlagen sind extrem effizient für Anwendungen bei niedrigen und sehr niedrigen Temperaturen (unter -40 °C), während NH3-CO₂-Sole-Systeme rund 20 % effizienter sind als Systeme mit herkömmliche Solen.

2. Umwelt

Ammoniak ist das umweltfreundlichste Kältemittel. Es gehört zu der Gruppe der sogenannten „natürlichen“ Kältemittel. Sowohl der GWP-Wert (Treibhauspotenzial) als auch der ODP-Wert (Ozonabbaupotenzial) tendieren bei Ammoniak gegen null.

3. Sicherheit

Ammoniak ist ein toxisches Kältemittel. Außerdem ist es in gewissen Konzentrationen entzündlich. Daher muss Ammoniak vorsichtig gehandhabt werden und sämtliche Ammoniakanlagen müssen unter Berücksichtigung der Sicherheit konstruiert werden. Gleichzeitig weist es, im Gegensatz zu den meisten anderen Kältemitteln, einen einzigartigen Geruch auf, der selbst bei sehr niedrigen Konzentrationen wahrgenommen werden kann. Somit gibt es sogar schon bei kleineren Ammoniaklecks ein eindeutiges Warnzeichen. Falls es nötig sein sollte, die Ammoniakfüllmenge zu reduzieren, ist eine Kombination aus Ammoniak und CO₂ (Kaskade oder Sole) eine gute und effiziente Alternative.

4. Kleinere Rohrnennweiten

Sowohl im gasförmigen als auch im flüssigen Zustand erfordert Ammoniak kleinere Rohrdurchmesser als die meisten anderen chemischen Kältemittel.

5. Bessere Wärmeübertragung

Ammoniak besitzt bessere Eigenschaften zur Wärmeübertragung als die meisten chemischen Kältemittel. Dies ermöglicht die Verwendung von Geräten mit einer kleineren Wärmeübertragungsfläche. Daher sind auch die Kosten für den Anlagenbau geringer. Da diese Eigenschaften den thermodynamischen Wirkungsgrad der Anlage positiv beeinflussen, können zudem die Betriebskosten gesenkt werden.

6. Preis des Kältemittels

In vielen Ländern kostet Ammoniak (pro kg) wesentlich weniger als FKW. Dieser Vorteil wird durch die Tatsache, dass Ammoniak im flüssigen Zustand eine geringere Dichte besitzt, sogar noch vervielfacht. Außerdem kann ein Austritt von Ammoniak durch den Geruch sehr schnell entdeckt werden, wodurch der potenzielle Verlust von Kältemittel ebenfalls geringer ist.

Ammoniak ist kein universelles Kältemittel und primär für industrielle und leistungsstarke Gewerbeanwendungen geeignet. Die Giftigkeit, Entzündlichkeit und Materialverträglichkeit von Ammoniak muss ebenfalls in Betracht gezogen werden. Gleichzeitig gibt es weltweit eine unglaubliche Menge an Ammoniakanlagen, die diese Herausforderungen erfolgreich gemeistert haben.