Medaillenverdächtig - Kältetechnik für die Eis-Arenen in Peking

Mittwoch, 1. November 2023

Medaillenverdächtig - Kältetechnik für die Eis-Arenen in Peking

Nicht nur Eisschnellläufer, -kunstläufer oder -hockeyspieler geben bei Wettkämpfen ihr Bestes, auch die Kältetechnik wird immer besser.

Wer als Anlagenlieferant auf – um im Bild des Sports zu bleiben – das Siegerpodest möchte, muss in drei Disziplinen überzeugen können: Erfahrung, Effizienz und Klimaschutz. Und Langlebigkeit als Kür. Denn heute dominiert nicht mehr die Wirtschaftlichkeit allein, Umwelt- und Klimaschutz sowie ein nachhaltiger Betrieb gehören oft zu den wichtigsten Kriterien bei der Auftragsvergabe.

Auch in Beijing, wo im Hinblick auf die Wettbewerbe im Frühjahr 2022 für 15 Eisflächen eine neue Kältetechnik beauftragt wurde, wurden umweltfreundliche Systeme ausgeschrieben. Sieben dieser Systeme basieren auf CO2-Anlagen, nutzen also ein natürliches Kältemittel, das mit seinem GWP (Global Warming Potential, Treibhauspotenzial) von eins sehr viel klimafreundlicher ist als klassische synthetische Kältemitteln, wie sie früher üblich waren.

Bewährtes Kältemittel in neuer anwendung

CO2 ist ein bewährtes Kältemittel, das zum Beispiel bei der (Tief-)Kühlung von Lebensmitteln schon länger eingesetzt wird. Bei Objekten mit hoher Publikumsdichte wie den chinesischen Eisstadien hingegen ist sein Einsatz noch eher selten. Der Bau von CO2-Anlagen wie diesen ist daher eine herausfordernde Aufgabe, und das nicht nur in Bezug auf die Anlagen, die in den Technikzentralen stehen. Denn Kohlendioxid dient hier auch als Kälteträger, das die Eisfläche entstehen lässt bzw. gefroren hält. Pro Eisfläche sind oft zig Kilometer Rohre nötig, um die Temperatur des kristallisierten Wassers auf den gewünschten -9 bis -3 °C zu halten. Die Temperaturen lassen sich je nach Aktivitäten – wie Eiskunstlauf oder Short Track Speed Skating – auswählen und auf 0,4 K genau einhalten. Sie werden erreicht, wenn das CO2 in den Kühlrohren rund 7 K kälter ist. Bereitgestellt wird die dafür nötige Kälteleistung durch CO2-Verbundanlagen mit halbhermetischen, transkritischen CO2-Verdichtern.

 

BOCK-Verdichter sind in Peking dabei

Für vier der sieben Eisflächen, die mit CO2-Kreisläufen arbeiten, fiel die Wahl auf Verdichter der Bock GmbH mit Hauptsitz in Frickenhausen. Der deutsche Lieferant, der auch in China eine Produktionsstätte unterhält, hat über viele Jahre Erfahrungen im Bau transkritischer und subkritischer CO2-Verdichter gesammelt, was bei der Auftragsvergabe sicher ein wichtiges Kriterium war. Außerdem konnte die Bock GmbH bereits Eis-Arenen als Referenzen vorweisen, bei denen Anlagen mit Bock-Verdichtern die geforderten Temperaturen zum Kühlen und Heizen herstellt.

Anlage macht warm und kalt zugleich
Das Heizen ist in diesem Zusammenhang ein erwünschter Nebeneffekt. Denn die Abwärme der Kältetechnik kann dazu genutzt werden, Publikumsbereiche zu heizen oder Warmwasser zu bereiten. Durch das zeitgleiche Bereitstellen von Wärme und Kälte lässt sich einiges an Energie sparen.

Die Warmwasserbereitung ist übrigens eine Aufgabe, die – so paradox es klingen mag – auch für die Eispräparation wichtig ist. Denn nach intensiver Nutzung müssen die Rillen im Eis, die beim Schlittschuhlaufen entstehen, geschlossen werden. Dies gelingt am besten durch das Anschmelzen mit Warmwasser: Die Rillen schließen sich und das aufgebrachte Wasser bzw. angeschmolzene Eis friert wieder zu einer frischen, perfekten Eisdecke.

 

Für vier der sieben Eisflächen in Peking, die mit CO2-Kreisläufen arbeiten, fiel die Wahl auf Verdichter der Bock GmbH mit Hauptsitz in Frickenhausen.

Erste Transkritische Anlagen für Chinesisches Eisstadion

In dem Beijinger „Capital Indoor Stadium“, das bis zu 18.000 Besucher:innen Platz bietet, kommt eine technische Premiere zur Anwendung: die erste transkritische CO2-Anlage in einer chinesischen Eis-Arena. Sie besteht aus zwei Verbunden mit je zwölf transkritischen Bock-Verdichtern vom Typ HGX34/290-4 S CO2T (je 6 Stück) und HGX46/310-4 ML CO2T (auch 6 Stück). Insgesamt stellt die Anlage 1.100 kW Kälteleistung bereit, wobei Redundanz vorgesehen ist. So kann die 61 x 31 m große Eisfläche der Wintersport-Anlage auch im Fall von Störungen ohne Beeinträchtigungen weiter genutzt werden.

Transkritische Bock-Verdichter finden sich außerdem in der „Ice Skating Hall“, deren ebenfalls 61 x 31 m große Fläche zum Trainieren dient. Hier arbeitet ein Verdichter-Verbund mit je fünf HGX46/345-4 S CO2T und fünf HGX46/440-4 ML CO2T. Im nahegelegenen „Eis-Tempel“ kommt dieselbe Technik zum Einsatz, wegen der zwei Eisflächen allerdings in zweifacher Ausführung. Alle Verdichter-Verbunde mit Bock-Maschinen wurden in China montiert.

In der Ice Skating Hall arbeitet ein Verdichter-Verbund mit je fünf transkritischen CO2 Bock-Verdichter HGX46/345-4 S CO2 T und fünf HGX46/440-4 ML CO2 T

Kleine Verdichter für großen Regelungsspielraum

Die hohe Zahl der Verdichter pro Rack mag ungewöhnlich erschienen, wenn man das CO2-Verdichter-Portfolio der Bock GmbH kennt. Theoretisch wäre es möglich gewesen, die geforderte Kälteleistung mit weniger Verdichtern größerer Leistung zu liefern. Doch hier fiel die Wahl auf kleine Modelle, weil sie es erlauben, die Kälteleistung optimal dem Bedarf anzupassen. Denn zum Herstellen oder Präparieren der Eisflächen wird deutlich mehr Leistung benötigt als zum Halten der Temperatur.

Nebenbei bemerkt: Die Maximalleistung der Anlage im „Capital Indoor Stadium“ ist hoch genug, dass ein Präparieren der fast 2.000 m² großen Eisfläche innerhalb von nur zwei Stunden möglich ist. Nur so lassen sich an einem Tag zwei Sportveranstaltungen durchführen, bei denen die Sportler:innen am Nachmittag ebenso gute Verhältnisse vorfinden wie vormittags. Eine sportliche Leistung – vielleicht nicht nur medaillen-, sondern auch rekordverdächtig.