Natürlich und Nachhaltig
Um auf künftige Sommer mit Extremtemperaturen vorbereitet zu sein, hat Bock in die Klimatechnik investiert. Seit einem Jahr stellt eine mit Propan betriebene Anlage zusätzliche Kälteleistung bereit und sorgt für maximalen Klimatisierungskomfort in den Büros. Zugleich schuf sie das ideale Testumfeld für eine Eigenentwicklung: den halbhermetischen Kohlenwasserstoff-Verdichter HG66e HC. Nach dem erfolgreichen Selbstversuch geht der HG66e HC nun in Serie.
Ehemals geplante Kapazitätsreserven ausgereizt
Manchmal, wenn die Verdichterprüfstände bei Bock GmbH (Frickenhausen) im Sommer ausgelastet waren, brachte das nicht nur die zuständigen Techniker ins Schwitzen. Denn bis vor einem Jahr führte eine Anlage sowohl die Wärme aus dem Prüfzentrum für die Verdichtertests als auch aus dem Verwaltungsgebäude ab. Die Prüfstände hatten stets Priorität, damit die Tests unter den jeweils angeforderten Bedingungen ablaufen können.
Forderte das Prüfzentrum viel Kühlleistung, ging dies im Extremfall also zu Lasten der Komfortklimatisierung. Das war zwar nur an wenigen Sommertagen der Fall, doch die ehemals mit Kapazitätsreserven ausgelegte Klimatisierungstechnik war nun ausgereizt. Angesichts steigender Leistungsanforderungen im Prüffeld und der immer häufigeren sommerlichen Hitzeperioden war ein Um- oder Ausbau der Klimaanlage unumgänglich.
Kältemittel Propan: Natürlich und effizient
Um den Klimawandel, auf den die heißeren Sommer der letzten Jahre zurückzuführen sind, nicht weiter anzuheizen, legte Bock auf eine effiziente und klimafreundliche Lösung besonderen Wert. Synthetische Kältemittel mit einem hohen Treibhauseffekt (GWP, Global Warming Potential) waren tabu. Als Anbieter von Verdichtern für Klima- und Kälteanlagen sollte die eigene Anlage zudem Vorzeigecharakter haben: Ein natürliches Kältemittel war somit Pflicht.
„Da die Hauptwärmelast in den Sommermonaten anfällt, boten sich die Kältemittel Propylen und Propan an“, sagt Manuel Fröschle, Manager Application Engineering und Spezialist für natürliche Kältemittel bei Bock. Anlagen mit diesen Kältemitteln arbeiten auch bei hohen Umgebungstemperaturen sehr effizient. Die Wahl fiel schließlich auf das Kältemittel R290, bekannt als Propan.
Für Kohlenwasserstoffe hat Bock einige sauggasgekühlte Verdichter im Programm. Bei (damals) sieben Baugrößen mit 24 Hubraumstufen von 5,4 bis 279,8 m³/h (50 Hz) ließen sich leicht geeignete Verdichter finden. „Für die angestrebten 132 Kilowatt Kühlleistung der neuen Anlage haben wir im ersten Schritt zwei frequenzgeregelte Verdichter vom Typ HG56e HC ausgesucht, die perfekt mit Kompakt-Chillern der Firma Futron harmonierten“, berichtet der Produktmanager.
Redundante Lösung für optimalen Teillastbetrieb
Geplant wurden also zwei identische Solekühlsätze für den Betrieb bei 6 °C Vorlauf- und 12 °C Rücklauftemperatur zur Klimatisierung des Verwaltungsgebäudes. Die redundante Lösung gestattet einen optimalen Betrieb bei Teillastbedingungen und außerdem lassen sich Wartungsarbeiten in den Übergangsjahreszeiten durchführen, ohne die Klimatisierung dafür ganz außer Betrieb zu nehmen. Die Altanlage sollte fortan nur noch das Verdichterprüffeld kühlen.
Feldtest mit neuem Sechszylinder-Verdichter
An der grundsätzlichen Planung hat sich später ein bemerkenswertes Detail geändert: Da vor Installation der Solekühlsätze ein Prototyp des neuen HG66e/1340-4 HC fertiggestellt werden konnte, floss dieser in das System ein. Der neue Verdichter ist, wie der kleinere HG56e HC, ein Sechszylinder und leistungsmäßig zwischen dieser Baureihe und den Modellen HG88 HC angesiedelt. Er schließt mit einem Hubraum von 116,5 m3/h bis 180 m3/h (50 Hz) die Lücke im Angebotsspektrum. Die schlussendlich installierte Lösung nutzt einen HG56e HC und parallel den Prototypen des HG66e HC. Abgesehen von dem Verdichtertausch wurde das ursprünglich geplante Anlagenkonzept beibehalten.
Leistung über Zylinderkopfabschaltung oder Frequenz regeln
„Die Gelegenheit, unseren ersten HG66e HC auf dem eigenen Gelände einem Feldtest zu unterziehen, war einfach verlockend“, so Fröschle. Der neue Verdichter ist nicht nur etwas größer, er bietet außerdem etwas mehr Leistung und profitiert von der mexxFlow-Ventilplatte: Die Kombination aus einer strömungstechnisch perfektionierten Doppelringlamellen-Konstruktion der Ventilplatte mit einem darauf zugeschnittenen Zylinderkopf steigert die Effizienz des Verdichters deutlich. Beim HG66e HC erfolgt die Leitungsanpassung mit einem Frequenzumformer, der HG56e HC ist mit einer Leistungsregelung über Zylinderkopfabschaltung ausgestattet.
Propan: Brennbar, aber Risikoarm im Betrieb
Da die thermische Energie im Gebäude über einen Solekreislauf via Wärmetauscher abgeführt wird, beschränkt sich der sicherheitstechnische Aufwand, den das brennbare Kältemittel Propan (ebenso wie Propylen) erfordert, auf die im Außenbereich aufgestellte Anlage, die hinter der Versuchshalle steht. Die eingesetzten HC-Verdichter sind für die Herausforderungen mit Kohlenwasserstoffen optimiert, um die Erwartungen an eine hohe Lebensdauer der Verdichter zu erfüllen. Bei Kohlenwasserstoff-Anwendungen wird im Verdichter eine Ölsumpfheizung und eine spezielle Ölfüllung eingesetzt. Darüber hinaus wird der elektronische Verdichterschutz im separaten Schaltschrank verbaut. „Die Verdichter selbst sowie die Futron-Chiller sind bereits für den Betrieb mit Kohlenwasserstoffen qualifiziert und freigegeben“, ergänzt der Produktmanager.
Mit Netz und doppeltem Boden
Die Propan-Füllmenge des Gesamtsystems beträgt nur zweimal 2,1 kg. Einen eventuellen Gasaustritt würden Gassensoren erkennen. Ein Leck würde zur Sicherheitsabschaltung führen und das brennbare Gas durch eine Lüftungsanlage aus dem Maschinengehäuse geführt. Für diese Sicherheitssysteme ist ein separat aufgestellter Schaltschrank installiert, um Explosionsrisiken zu minimieren. Die Risikobewertung der Anlage und die Aufstellung haben Bock und Futron gemeinsam vorgenommen. „Da die Anlage für Propan geeignete und bereits qualifizierte Kernkomponenten enthält, war das relativ einfach“, erinnert sich Fröschle.
Seit Frühjahr 2018 sind die beiden Solekühlsätze mit den Sechszylinder-Verdichtern in Betrieb und arbeiten unauffällig: Ausfälle waren keine zu beklagen und auch akustisch sind sie nicht wahrnehmbar, denn der Standort hinter der Versuchshalle ist weit von den Büros entfernt. Auffällig ist eher, wie zufrieden die Kollegen nun mit der Klimaanlage sind. Sie können die Wunschtemperatur, welche die wandmontierten Gebläsekonvektoren herstellen, raumweise regeln und müssen seit der Inbetriebnahme der neuen Chiller auch keinerlei Leistungseinbußen mehr befürchten.
Feldtest des hg66e hc erfolgreich abgeschlossen
„Selbst in dem langen, sehr heißen Sommer 2018, in dem wir bis zu 38 Grad im Schatten gemessen haben, kamen keine Klagen“, freut sich Fröschle. Das auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ausgelegte Klimatisierungssystem steigert auf diese Weise auch die Effizienz der Kollegen, denn der produktivitätssenkende Wärmestress an heißen Sommertagen ist nun Vergangenheit.
Befürchtungen, Kunden müssten beim Umstieg auf Kohlenwasserstoffe mit hohen Servicekosten rechnen, kann er zerstreuen. „Bedienung und Servicearbeiten sollten von einem Fachmann durchgeführt werden, der mit brennbaren Kältemitteln umzugehen weiß. Aber die meisten Arbeiten sind ohne größere Eingriffe in das System möglich.“ Zudem seien aufwändige Dichtigkeitskontrollen, wie sie für etliche Anlagen mit synthetischen Kältemitteln verlangt werden, bei natürlichen Kältemitteln wie den Kohlenwasserstoffen nicht erforderlich, ergänzt er. Daher seien die natürlichen Kältemittel Propan und Propylen für Klimaanlagen und bei der Gewerbekälte ebenso gut einzusetzen wie beispielsweise die im Kühl- und Tiefkühlbereich gängigen natürlichen Kältemittel CO2 und Ammoniak.